20.07.2023
Das Internationale Brucknerfest Linz 2023 ist anders. In den vergangenen fünf Jahren hat das Klassikfestival Anton Bruckners Schaffen aus verschiedenen Blickwinkeln umfassend beleuchtet. 2024 feiert die Musikwelt Anton Bruckners 200. Geburtstag, seinem Œuvre wird dann erneut, und dies wohl nicht nur in Linz, volle Aufmerksamkeit zuteil. Das Internationale Brucknerfest Linz 2023 ist somit eine Art Zwischenspiel, was sich in seinem Programm deutlich niederschlägt. Denn erstmals in der 49-jährigen Geschichte dieses Festivals wird kein einziges Werk von Bruckner selbst erklingen. Stattdessen rückt es unter dem Motto „AUFBRUCH. ‚Das Ewig-Weibliche zieht uns hinan.‘“ das kompositorische Schaffen von Frauen in den Mittelpunkt.
Frauen wurden als Sängerinnen verehrt, als Interpretinnen geduldet, aber schöpferisches Talent wurde ihnen weitgehend abgesprochen. Noch Hans von Bülow, der Uraufführungsdirigent von Wagners Tristan und Isolde, meinte: „Eine Componistin wird es niemals geben, nur etwa eine verdruckte Copistin.“ Das Internationale Brucknerfest Linz 2023 tritt den Gegenbeweis an. Das Motto „Aufbruch“ steht dabei für das Aufbrechen solch patriarchalischer Denkmuster, aber auch für den Aufbruch hin zu neuen Ufern.
Musik von Frauen bildet den Schwerpunkt des Programms. Mit Emilie Mayer, Dora Pejačević, Florence Price, Amy Beach und Louise Farrenc sind dabei auffallend viele Sinfonikerinnen vertreten. Dass Frauen Klaviermusik oder Lieder komponieren, ging im 19. Jahrhundert vielleicht noch an. Ihr Vordringen auf sinfonisches Terrain aber, damals die „erhabenste“ Gattung im Bereich der Instrumentalmusik, kam einer Kampfansage an männliche Domänen gleich. Dennoch waren einige dieser Frauen mit ihren Sinfonien zu Lebzeiten durchaus erfolgreich, Emilie Mayer zum Beispiel oder Louise Farrenc. Nach ihrem Tod jedoch gerieten sie in Vergessenheit, allzu rasch breitete die Musikgeschichte über ihr beeindruckendes Schaffen den Mantel des Schweigens. Diesen Mantel zu lüften und den komponierenden Frauen ein Podium zu geben, ist Sinn und Zweck des Internationalen Brucknerfestes Linz 2023.
Markus Poschner und das Bruckner Orchester Linz, das Orchester Wiener Akademie unter Martin Haselböck, die Prager Symphoniker unter Eugene Tzigane sowie Le Cercle de l’Harmonie unter Jérémie Rhorer treten für die Sache der Frauen ein. Außerdem kommt das Bayerische Staatsorchester unter Vladimir Jurwoski nach Linz. Mit Yefim Bronfman als Solisten spielt es Robert Schumanns Klavierkonzert, das Schumanns Gattin Clara uraufgeführt hatte, welche mit eigenen Werken ebenfalls im Programm des Internationalen Brucknerfestes Linz stark vertreten ist.
Natürlich sind auch unter den Ausführenden zahlreiche Frauen am Werk. Han-Na Chang, einst als cellospielendes Wunderkind bekannt und mittlerweile eine erfolgreiche Dirigentin, bringt in St. Florian die D-Dur Messe der britischen Suffragette Ethel Smyth zur Aufführung. Auch die Geigerin Francesco Dego, die Cellistin Julia Hagen, die Oboistin Xenia Löffler, die Pianistin Lise de la Salle oder die Sopranistin Nikola Hillebrand sorgen für Glanz, als Sprecherinnen konnten darüber hinaus die Schauspielerinnen Meike Droste und Sophie Rois gewonnen werden. Sie alle treten beim Internationalen Brucknerfest Linz 2023 den Beweis an: DIE Musik ist weiblich.
Download: Programmbuch Internationales Brucknerfest Linz 2023 ( PDF |5.86 MB)
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