Schaffens- oder Lebenskrisen berührten Menschen zu allen Zeiten. Johannes Brahms hatte seinem Verleger bereits seine letzte Komposition angekündigt, als er ein Jahr später in Meiningen den berühmten Klarinettisten Richard Mühlfeld hörte. Der Klang von »Fräulein Klarinette«, wie Brahms ihn scherzhaft nannte, faszinierte den Komponisten derart, dass er zu neuem Schaffensdrang fand und neben dem berühmten Klarinettenquintett und zwei Sonaten zunächst ein Klarinettentrio schrieb. Auch Michael Glinka wählte die Klarinette als Melodieinstrument, als er sich mit der Komposition seines Trio pathétique über seinen physischen und psychischen Zusammenbruch hinweghalf, den er während einer Italienreise erlitten hatte. Und bis heute scheinen die Klarinette wie auch die Musik im Allgemeinen ihre Heilkraft nicht verloren zu haben: Den Erfahrungen der Corona-Pandemie begegnete der Salzburger Klarinettist und Komponist David Lehner mit der Komposition seiner melancholischen, aber doch zur Heiterkeit findenden Sonate für Klarinette und Klavier. All dem stellt das Trio Lentrias Tanz und Chaconne des australischen Komponisten Daniel Linton-France gegenüber, die den nie alt werdenden Zwiespalt zwischen Körper und Geist beschreiben – wer wird zuerst ermüden?
Michail Glinka 1804–1857
Trio pathétique für Klarinette, Violoncello und Klavier // 1832
David Lehner * 1990
Sonate für Klarinette und Klavier // 2022
Daniel Linton-France * 1973
Tanz und Chaconne aus der Reiseoper Episoden von Kerel und Galvin // 2012, 2015
Johannes Brahms 1833–1897
Trio für Klarinette, Violoncello und Klavier a-Moll op. 114 // 1891
Trio Lentrias
Herbert Hackl | Klarinette
Annekatrin Flick | Violoncello
Stefanos Vasileiadis | Klavier